Obstgarten
Das Hermergut ist von einem großen Garten umgeben, in dem sich einstmals vermutlich viele Obstbäume befanden, vor langer Zeit, wir vermuten mal bis in die 50er Jahre. Den Moden der 60er und 70er und auch heute noch folgend, fanden die Besitzer vermutlich Koniferen und andere Gehölze schöner. Der Obstgarten verwilderte. Gegen angepflanzte und auf Gartenboden schnellwachsende Blaufichten, Lebensbäume, Tannen und Lärchen sowie sich selbst ansiedelnde Laubholzarten wie Esche, Ahorn, Birke und Ulme hatten sie bald keine Chance mehr. Obstgehölze verkümmern ohne Licht.

Die wenigen noch vorhandenen (und relativ gesunden) alten Obstbäume begannen uns zu interessieren. Wir brachten die Früchte zu Winfried Müller nach Aue. Dieser Winfried Müller war ein weithin bekannter Pomologe (leider verstorben) und das Bestimmen der von uns gebrachten Sorten ging sehr schnell.
Das waren die Äpfel Cox Orangen Renette, Jakob Lebel, Rheinischer Bohnapfel, Altländer Pfannkuchen, dann eine Weizenbirne und bei den Pflaumen 2 Sorten Reneclouden, eine Stanley und ein The Czar. Alles wahrlich keine Seltenheiten, man konnte sie früher in vielen Bauerngärten antreffen. Teilweise sind diese Bäume, deren Alter wir auf 60 oder 70 Jahre schätzen, in einem schlimmen Zustand. Solange sie noch leben, tun wir alles, damit es ihnen gut geht. Und sie danken es uns mit vielen vielen wohlschmeckenden Früchten. So bringt es der Rheinische Bohnapfel in manchen Jahren allein auf 5 bis 6 Zentner Äpfel. Vom Altländer Pfannkuchenapfel ernten wir fast jedes Jahr um die 200 schöne große Früchte. Was macht man mit so viel Früchten? Nur so viel. Wir lassen nichts umkommen. Doch dazu vielleicht später einmal.

Um das Jahr 2000 herum haben wir die Entscheidung gefällt, den Rest des Obstgartens zu erhalten und alles (wirklich alles), was nicht dort hinein gehört, zu entfernen. Das mag erst einmal schrecklich klingen. Denn da war ein ziemlich dichter und auch hoher Baumbestand und es dauerte ein paar Jahre. Doch sie mußten bis auf wenige Ausnahmen (4 Buchen und ein großer Bergahorn, geschätztes Alter ca. 120 bis 140 Jahre) weichen. Diese Methusalems haben bei uns bleibendes Wohnrecht erhalten. Sie werden nicht angerührt!
Seit dieser Maßnahme kann jetzt von früh morgens bis spät abends wieder die Sonne in den Garten scheinen. Und auch wenn unser Grundstück schon fast an die 700-m-Höhenmarke heranreicht, ist doch die Lage für einen Obstgarten ideal. Denn die Sonne trifft schon ab Mittag in einem zunehmend steileren Winkel auf den Boden, weil die Hangneigung nach Süd/Südwest ausgerichtet ist. Das ist sehr günstig für Obstbäume. Jedenfalls in einer solch rauen Ecke wie in unserem Erzgebirge nicht zu unterschätzen. Wenig oder gar nichts ausrichten können wir allerdings gegen die Windanfälligkeit auf dieser Lage.  
Und so nach und nach wuchs unser Interesse für weitere historische Sorten und wir pflanzten wieder Obstbäume an. Heute ist der Bestand auf über 80 Bäume gewachsen. Irgendwann kam auch das Interesse an einer richtigen Pflege oder des richtigen Schnittes dazu. Dann begannen wir mit Baumschulen Kontakt auf zu nehmen, die sich auf alte Sorten spezialisiert haben. Dazu muß man weit fahren, bis nach Niederbayern etwa oder bis hoch nach Schleswig-Holstein.

Wer zu uns in den Garten kommt, um sich die Obstbäume anzuschauen oder ein Gespräch über Obstsorten führen will oder Erfahrungen austauschen möchte, ist deshalb immer herzlich willkommen. Denn, früher war es ebenso. Die Menschen konnten nicht in den nächsten Pflanzmarkt rennen und sich ein Obstbäumchen kaufen. So half man sich selbst.
Man besuchte sich, man lernte es vom Vater, wie und wann man einen Reiser schneidet und wann und wie man ihn auf einen Ast pfropft. Und den Namen des neuen Reisers schrieb man sich sorgfältig auf, damit man ihn nicht vergaß, denn daraus wuchs ja wieder ein neues kräftiges Bäumchen mit anderen Äpfeln, die man bisher noch nicht hatte.